Home SonstigesTechnik Deutsche Telekom – die Drosselung ist nicht das Problem.

Deutsche Telekom – die Drosselung ist nicht das Problem.

von Steffen Zörnig

In den letzten Wochen ging es durch alle Medien. Die Telekom plant ab 2016 auch bei DSL Anschlüssen (wie beim Handy schon üblich) ab einem bestimmten Verbrauch die Leitung stark zu beschränken. Durch eine Technologieumstellung wird dieses auch fast alle Bestandskunden treffen. Die Beschränkung wird jedoch so stark sein, dass andere Blogs oder Podcasts sogar von „Funktional kaputt“ sprechen, da Videoübetragungen und vernünftiges Surfen damit praktisch nicht mehr möglich sind.

In den Anfängen des Internets waren Flatrates sowieso relativ selten und meistens unbezahlbar. Damals wurde nach Zeit oder Volumen abgerechnet und das funktionierte entsprechend gut. Mit der DSL-Einführung breiteten sich jedoch die Flatrates aus, welche für Kunden meistens ein schlechter Deal sind. Die Sorglosigkeit keine weiteren Kosten zu haben, erkauft man sich meistens teuer – denn seriöse Anbieter werden so kalkulieren, dass sie mit einer Flatrate praktisch nie in die Verlustzone kommen können. So zahlt die Großmutter, die einmal in der Woche ihre E-Mails prüft und alle 2 Wochen mal mit ihren Enkelkindern skyped, den gleichen Preis wie ein Kunde einer Internetvideothek, der jeden Tag 2-3 Filme in HD Qualität schaut.

Demnach ist die Aufgabe von Flatrates (und bitte liebe Telekom, nennt diese Tarife dann auch nicht mehr Flatrates!!!) von der Telekom kein riesiges Problem, zumal die Telekom angekündigt hat, die unbegrenzten Flatrates für einen Aufpreis von 10-20 € fortzuführen. Das entspricht zwar einer kräftigen Verteuerung, jedoch sind die Telefon/Internetkosten in den letzten 15 Jahren auch massiv im Preis gesunken. Wenn die Telekom mit ihren Preisen also nicht mehr wirtschaftlich arbeiten kann, dann ist das eine legitime Preiserhöhung.
Zu diskutieren bleibt sicherlich, ob 75 GB, 150 GB oder 1 TB im Jahre 2016 für den Durchschnittsbürger ausreichend sein werden. Nur als Beispiel haben Blu-Ray Filme gerne mal eine Größe von 25GB und mehr. Sowohl das Volumen – als auch den Preis für richtige Flatrates – wird aus meiner Sicht der Markt regeln. Auch wenn es nach meinem Gefühl den Wunsch vieler Regierungen gibt, den Markt der Telefonanbieter wieder etwas mehr einzudämmen.

Doch leider wird die Drosselung nicht die einzige Änderung sein. Sie ist praktisch nur der Steigbügel für ein viel größeres Problem, welches in den Medien aktuell jedoch meistens ignoriert wird.

Das Problem sind die Managed Services!

Wirklich gravierend für das Internet und die Gesellschaft ist der Begriff „Managed Services“, welches die Netzneutralität beenden wird. Netzneutralität bedeutet, dass es für den Provider keinen Unterschied macht, ob die Daten von Firma X oder Firma Y kommen. Doch bei den „Managed-Services“ der Telekom schließen Firmen mit der Telekom Verträge ab, dass deren Traffic nicht in das Volumen der Kunden eingerechnet wird. Das klingt im ersten Moment natürlich gut, da so die Kunden für diesen Traffic nicht mehr zahlen müssen. Das Problem ist jedoch, dass sich diese Abkommen (wenn überhaupt) nur große Kunden leisten können. Zudem wären diese Managed Services natürlich sinnlos, wenn es die Drosselung nicht gäbe. Denn ohne die Drosselung gäbe es wenig Anreize für Firmen diese Abkommen mit der Telekom zu schließen.

Gehen wir z.B. davon aus, dass die Bildzeitung entsprechendes Geld hat und mit der Telekom eine „Managed-Service-Vereinbarung“ für ihre Webseite abschließt. Der TAZ fehlt jedoch das entsprechende Geld und so gibt es für sie kein Abkommen. Wenn nun ein Internetnutzer der Telekom sein Volumen aufgebraucht hat, so baut sich die Seite der Bildzeitung noch in gewohnter Geschwindigkeit auf, während er auf die TAZ Seite sehr lange warten muss. Demnach wird er vermutlich das Angebot der Bildzeitung in dieser Zeit verstärkt nutzen. Das Problem setzt sich natürlich bei allen Webangeboten fort und so sind Webseiten mit dem entsprechenden Kleingeld stark im Vorteil und es wird StartUps und Kleinenunternehmen sehr schwer gemacht, sich gegen größere Konkurrenten durchzusetzen.

Übrigens zahlen sowohl die Kunden der Telekom, als auch die Inhaltsanbieter, bereits eine Gebühr an ihre jeweiligen Provider. Die Telekom möchte mit ihren Managed Services nun eine extra Gebühr von den Inhaltsanbietern haben. Und sollte das Beispiel weltweit Schule machen, so werden entsprechende Zusatzgebühren bald weltweit zu entrichten sein und so einen immensen Aufwand für internationale Firmen bedeuten. Denn schon alleine in Deutschland gibt es mindestens 10 Provider die auch allesamt sicherlich gerne eine Extragebühr erheben würden.

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3 Kommentare

Wolf Lotter 21. Mai 2013 - 09:28

Sehr gute Arbeit und klar erklärt – gestört hat mich aber das Beispiel Bild vs taz, das arg klischeehaft ist. Die Einen würden nie die taz lesen, ganz gleich wie schnell sie sich aufbaut, andere nie die Bild. Alles andere hat mich aber überzeugt und sogar meine bisherige Position verändert. Danke dafür.

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Frederik 21. Mai 2013 - 09:30

Vielen, vielen Dank für diesen Artikel, der das Problem auf den Punkt bringt. Zudem wunderbar geeignet um allen, in diesem Thema nicht so Versierten, einen schnellen Einblick zu geben.

Aus meinem Bekanntenkreis erhielt ich noch die Info, dass das Screening des Traffics, notwendig für die Managed Services, nach Willen der EU bis 2020 auch zum Kampf gegen illegale Downloads eingesetzt werden soll. Sollte das der Wahrheit entsprechend wären selbst die Managed Services nur der Zündungsfunke für eine Reihe größerer Probleme.

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Mein Umstieg auf den Entertain VDSL IP Anschluss der Telekom. 24. August 2013 - 14:50

[…] Aber darüber mache ich mir dann 2016 Gedanken. Und wie schon geschrieben, ist für mir die Drossel nicht das Problem, sondern die Ausnahmen […]

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