Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, wo Video und Ton im Internet noch auf Quicktime und den Realplayer angewiesen waren. In den letzten 10 Jahren hat sich jedoch viel in diesem Bereich getan und gerade Macromedia bzw. Adobe Flash haben viel für die Verbreitung von Videos im Internet geleistet. Mit Flash war es relativ einfach möglich Videos auf Webseiten einzubinden und durch die hohe Verbreitung von Flash brauchte kein weiteres Plug-In installiert werden. Flash hat jedoch viele Einschränkungen (gerade im mobilen Bereich) und so bietet bisher kaum ein mobiles Smartphone vernünftigen Flash Support. HTML5 bietet hier eine gute Alternative um Videos auf Webseiten einzubinden und wird auch von allen aktuellen mobilen Geräten unterstützt. Leider konnte man sich dabei nicht auf einen speziellen Standard einigen, so dass es aktuell drei Formate für das Einbinden von Videos in HTML5 gibt.
1. H.264 (link)
H.264 ist ein Industriestandard, welcher von praktisch allen aktuellen DVD- und BluRay-Playern, Digitalkameras, Smartphones, Tablet Computern und Videokameras unterstützt wird. Dabei wird H.264 nicht per Software en- bzw kodiert, sondern per eingebautem Hardwarechip. Er ist der Nachfolger von MPEG2 (H.262) und durch diverse Patente der Industrie geschützt. Für die Kostenlose Verfügungstellung von Streamingangeboten fallen dabei keine Gebühren an. Wer jedoch kommerziell mit H.264 Geld verdienen möchte, muss entsprechende Abgaben zahlen. Die Einbindung von H.264 wird unteranderem von Safari, IE9 und Google Chrome unterstützt. Google hat jedoch angekündigt H.264 demnächst nicht mehr zu unterstützen.
2. Theora (link)
Firefox, als OpenSource Browser, hatte mit H.264 schon immer Probleme gehabt und unterstützt deshalb aktuell nur Videos im Theora Format. Die Anhänger von Theora gehen davon aus, dass er gegen keine Patente verstößt. Safari unterstützt Theora ebensowenig wie der IE9.
3. WebM (link)
Vor einiger Zeit hat sich Google mit der Firma On2 Technologies einen freien Videocodec namens VP8 bzw. WebM eingekauft. Anfang 2011 kündigte Google zudem an, nur noch Theora und WebM in Google Chrome zu unterstützen. Microsoft hat angekündigt im IE9, WebM nicht selber zu unterstützen, aber über ein Plugin können Anwender diese Funktion aber vermutlich selber nachrüsten. Firefox wird WebM erst ab Version 4.0 unterstützen.
Damit ergeben sich die folgenden Videoformate für die entsprechenden Browser
Codec/Browser | IE7/IE8 | IE9 | Firefox | Safari | Chrome | Opera |
H.264 | Ja* | Ja | Ja* | Ja | Ja** | Ja* |
Theora | Nein | Nein | Ja | Nein | Ja | Ja |
WebM / VP8 | Nein | Nein*** | Ja**** | Nein | Ja | Ja |
* über Adobe Flash 9.3
** Wird demnächst entfernt. Microsoft wird vermutlich ein Plug-In für Windows nachreichen.
*** Über ein Plug-In möglicherweise in Zukunft möglich
**** ab Version 4.0
Während die Patentlage bei H.264 weitestgehend geklärt ist, kann man bei Theora oder WebM nicht davon ausgehen, dass diese Codecs wirklich gegen kein Patent verstößt. Zudem muss Theora und WebM von den Geräten per Software dekodiert werden, so dass hier viel Rechenpower vom Prozessor benötigt wird. Gerade bei mobilen Geräten wird dieses auf Kosten der Akkulaufzeit gehen. Bis die ersten Handys WebM per Chip unerstützen, wird auch etwas Zeit vergehen – wenn überhaupt. Denn jeder Chip kostet die Handy Hersteller Geld und warum sollten sie einen zweiten Chip integrieren, wenn sie zum Abspielen und Erstellen von Videos bereits einen H.264 Chip in ihren Geräten haben?
Mit der Entscheidung H.264 in Zukunft nicht mehr in Chrome zu unterstützen hat Google der Webentwicklung auf kurzer und mittlerer Sicht keinen Gefallen getan. Webseitenbetreiber werden sich kaum den Aufwand machen, Videos in mehrere Formate zu konvertieren. Selbst die Weiche zwischen Flash und HTML mit H.264 Codec nutzen noch zu wenig Webseiten beim Einbinden von Videos. Diese Weiche ist aktuell jedoch erforderlich um sowohl die alten und langsamen Browser IE7, IE8 und Firefox mit Flash zu unterstützen, als ach die mobilen Geräte und schnellen Browser mit H.264 in HTML5. Zudem kommt eine kompliziertere Konvertierung von Videos, da Programme zur Erstellung von WebM (und auch Theora) noch selten und im Vergleich zu vielen H.264 Programmen kompliziert in der Bedienung sind. So werden Webseitenbetreiber vermutlich auch in Zukunft auf Flash setzen und nur, wenn sie auch an mobile Geräte denken, eine Zeitgemäße Integration von H.264 in HTML5 integrieren. Auch wenn in 3 Jahren eine Vielzahl der Browser HTML5 unterstützen, dürfte die Dominanz von Flash deshalb weiterhin bestehen.
Ob Googles Entscheidung in langfristiger Sicht zum Erfolg für WebM führt, darf deshalb stark bezweifelt werden. Die HTML5 Unterstützung wird für Webseiten damit unnötig kompliziert und ob WebM wirklich Patentfrei ist, wird erst die Zeit und die Gerichte klären müssen. Gleiches gilt für die Integration von WebM Chips in Handys und mobilen Geräten, welche zusätzliche Kosten bringen werden.
5 Kommentare
Überlege die ganze Zeit, was ich dazu schreiben soll. Du legst dir die Argumente einseitig gut für h264 hin und gehst exakt null auf die Lizenzproblematik ein. Auf welcher Basis soll man den hier diskutieren?
Welche Problematik meinst Du? Das WebM frei, und ggf. ohne Patente zu verletzten, verwendbar ist steht oben. Ebenso, dass H264 bei kommerzieller Verwendung Lizenzgebühren kostet.
Also: die allerwenigsten Browser unterstützten im Augenblick h264 nativ, zu nennen wären da allein Safari und Chrome, die zusammen einen Marktanteil von großzügig geschätzt 15% haben. Chrome bricht aus dieser Phalanx jetzt aus, was zu einer Unterstützung von ca. 5% führt. Auch wenn der IE9 irgendwann demnächst rauskommt und h264 Support mitbringt wird es sicherlich noch einige Zeit dauern, bis ein nennenswerter Anteil an Browsern h264 unterstützt. Dieses Zahl jazzt du auf, indem du Flash mit in deine Statistik einbeziehst: Flash läuft fast auf jedem Desktop und Flash unterstützt h264, also liegt die Abspielbarkeit von h264 bei fast 100%. das ist natürlich Augenwischerei, schließlich fällt der Flash-Support für eine Seite nicht einfach so vom Himmel: man muss, um einen Flash-Video-Player entwickeln zu können ein nicht ganz billiges Programm kaufen, eine neue Sprache lernen und einen Player schreiben. Das kostet Zeit und Geld und beides nicht zu knapp. Um WebM zu unterstützen muss ich hingegen lediglich ein Video zusätzlich in einem zweiten Format rauslassen.
Auf der anderen Seite haben wir WebM: WebM wird schon in sehr kurzer Zeit von sehr vielen Browsern nativ unterstützt werden: neben Chrome wird auch noch Firefox 4 und (der sicherlich zu vernachlässigende) Opera WebM unterstützen. Wenn Firefox 4 dann irgendwann mal fertig wird und halbwegs was taugt, wird der Marktanteil der nativ WebM fähigen Browser innerhalb kurzer Zeit auf 40-50% steigen: ein Wert, von dem der „Standart“ h264 nur träumen kann! Auf die nahezu 100% wird WebM dank Flash dann auch bald kommen, wobei natürlich die selben Einschränkungen gelten, wie für den h264-Flash-Support. Klar, alles Zukunftsmusik, aber nicht weit weg.
Wie sieht es auf Mobilgeräten aus? Im Augenblick unterstützten eine Hand voll Geräte hardwarebeschleunigten h264 Support. Bis diese Geräte h264 unterstützten, muss das Decodieren in Software geschehen, was den Akku etwas mehr belastet. Der Akku wird natürlich nur dann belastet, wenn auch tatsächlich ein Video dekodiert wird, und wie lang schaut sich ein durchschnittlicher User pro Tag Videos auf seinem Telefon an? Sagen wir mal 15 Minuten. Die Akkulaufzeit eines Mobiltelefons verkürzt sich also um ein paar Minuten pro Tag, da beim Videos schauen ja kaum das Decodieren ins Gewicht fällt, sondern vielmehr Display & Hintergrundbeleuchtung. Aber auch das wird sich ändern, weil natürlich kein Separater Chip fürs Video-decodieren nötig ist, sondern die bestehende Grafikkarte einfach mit einer neuen Software WebM nativ decodieren können wird. Android wird schon sehr bald WebM können (falls es das nicht schon kann), WebOS kann Flash und Windows Phone 7 auch. Bleibt noch Apple, die natürlich lieber untergehen würden, als ein Format vom neuen Erzkonkurrenten Google zu unterstützen.
Was bekommen wir für all die Arbeit WebM zu unterstützen? Dafür gibt es einen Codec, für denen es eine komplett kostenlose und freie Toolchain geben wird, um Videos zu encoden, zu verteilen und anzuschauen. Wir brauchen keine Lizenzverträge für Downloads oder kommerzielles Streaming. Kurz: das Web bekommt endlich ein freies Videoformat, dass sich mit der Konkurrenz messen kann. Und das, wie ich bereits dargelegt habe, noch bevor große Mehrarbeit entsteht, weil h264 im Browser eh noch nicht weit verbreitet ist.
Klingt für mich nach einem guten Deal.
[…] überhaupt nicht schlimm ist, wenn noch ein neuer Videocodec dazu kommt, probiere ich in einem Kommentar in Steffen Zörnigs Blog […]
[…] ist eventuell nicht zu 100% Patent frei. Mittlerweile ist auch ein Streit darüber ausgebrochen, welcher Video Codec denn nun der bessere sei, denn bevor Google den H264 Support aus ihrem Browser warf, war H264 eigentlich der Standard für […]