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Buchkritik: Der Circle von Dave Eggers

von Steffen Zörnig

dave eggers der circleVor gut einer Woche ist die deutsche Ausgabe von „der Circle“ erschienen und konnte sich sogleich auf Platz 1 der Spiegel Bestsellerliste verewigen. Kein Wunder, gab es in den letzten Wochen und Monaten kein Buch, welches in der Presse so viel Beachtung fand. Das Buch handelt von einem Internetunternehmen namens „the circle“, praktisch ein Zusammenschluss von Google, Facebook, Apple und Twitter. Man begleitet die junge Frau Mae Holland bei ihrem ersten Tag in diesem Unternehmen, welches scheinbar viel von ihren Mitarbeitern verlangt, dafür aber auch sehr viel bietet. Das Buch beschreibt dabei die Firma sogar ziemlich authentisch und wer Google und Co etwas kennt, findet sehr viele Ähnlichkeiten. Angefangen von den Büroräumen (die wirklich sehenswerten Google Büros in Hamburg kann man sich übrigens bei Streetview anschauen) bis hin zu sozialen Zusatzleistungen.

Mae wird im Laufe des Buches Zeugin von vielen neuen Ideen und Entwicklungen. Angefangen von Fitness und Health- Armbändern, über kleine unauffällige Kameras bis zu der Möglichkeit seine Kinder immer und überall zu orten. Ihre anfängliche Skepsis legt sie dabei schnell ab, denn die Firma übernimmt sogar selbstlos die Krankenversicherung ihres kranken Vaters. Doch als sie plötzlich die Galionsfigur der Firma wird, bricht der Kontakt zu ihrer Familie ab und ihr Leben dreht sich nur noch um den Circle.

Die erste Hälfte des Buches liest sich sehr angenehm und man bekommt ein recht positives Bild über die Vorteile und Möglichkeiten dieser Firma für die gesellschaftliche Entwicklung. Doch leider hielt es Dave Eggers in der zweiten Hälfte des Buches für nötig den Holzhammer rauszuholen und damit praktisch alle Errungenschaften zu verteufeln und als böse zu erklären. Der durchsichtige Bürger wird praktisch Realität und auch die Vergangenheit der Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Vorfahren holt die Charaktere ein. Einzig die zukünftigen Handlungen von Personen, wie im Film Minority Report, lässt Dave Eggers in „der Circle“ aussen vor. Zudem ist das Buch extrem vorhersehbar und praktisch alle kleinen Indizien am Anfang lösen sich dann auch genauso auf wie man es erwartet hat.

Nach fast genau einer Woche waren für mich die 560 Seiten vorbei und hinterlassen einen extrem zwiegespaltenen Eindruck. Das Buch hat durchaus das Potential die möglichen Gefahren der aktuellen Technologien verständlich zu machen. Trotzdem ist der Fortschritt ja nicht generell schlecht und böse. Diese Differenzierung fehlt in dem Buch leider sehr und so gibt es nach dem Lesen des Buches eigentlich nur Schwarz und Weiss. Dave Eggers hat es aus meiner Sicht nicht geschafft die Grautöne zu zeigen und trägt damit auch nicht zu einer sinnvollen Diskussion um den Umgang von Technologien bei.

Trotzdem lenkt das Buch Aufmerksamkeit auf eines der wichtigsten Themen unserer Zeit, kann aber nicht mit den Klassikern wir 1984 von George Orwell mithalten. So muss man hoffen, dass die Leser danach noch offen sind und sich auf eine sinnvolle Diskussion einlassen.

Als eine Frechheit sehe ich aber den Preis der digitalen Ausgabe des Buches mit 19,99€ an, also nur drei Euro weniger als die gebundene Ausgabe. Das Preisverhältnis ist für mich leider überhaupt nicht verständlich und zeigt für mich erneut einen Verlag (Kiepenheuer&Witsch), der versucht die gedruckten Bücher deutlich in den Fokus zu stellen. Die blutigen Erfahrungen der Musikindustrie scheinen bei (einigen?) deutschen Buchverlegern noch immer nicht angekommen zu sein. Schade.

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1 Kommentar

Willi 28. August 2014 - 11:08

Hört sich irgendwie zum Teil nach einem Buch was ich vor ein paar Wochen gelesen habe. ZERO von Marc Elsberg der schon Blackout schrieb.

Werde mich das Buch mal für meinen Kindle holen. Danke für die Buchkritik.

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