Telefonzellen – eine Institution, die in meiner Kindheit nicht wegzudenken war und doch wurde dieser Tage in New York die letzte Telefonzelle abgebaut. In Deutschland gibt es zwar noch einige Telefonzellen, trotzdem wird es wohl auch bei uns nicht mehr lange brauchen bis die letzten Telefonzellen abgebaut werden. „Schuld“ daran sind natürlich die Mobiltelefone, welche die Telefonzelle längst ersetzt haben und jederzeit griffbereit sind.
Doch als Kind der 80er verbinde ich mit den Telefonzellen natürlich auch viele Erinnerungen.
Zum einen waren wir in den Ferien in meiner Kindheit sehr viel Campen und das auch immer auf dem gleichen Campingplatz in Tinnum auf Sylt. Vor dem Campingplatz standen zwei Telefonzellen. Und um 18 Uhr (als der günstigere Minutenpreis startete) bildeten sich lange Schlangen vor den beiden Telefonzellen. Alle wollten sie bei Ihren Liebsten anrufen und ertrugen auch den üblen Gestank in diesen gelben Kästen. Für 30 Pfennig die Minute war das Telefonieren zudem nicht günstig und wehe – wenn die angerufene Person nicht erreichbar war. Dann musste man sich später noch mal anstellen. Und wenn man zu lange telefoniert hat, klopften die nächsten in der Schlange schon an die Scheibe. Günstiger wurde es übrigens nur, wenn man die Nummer der Telefonzelle kannte. Denn Telefonzellen konnten auch angerufen werden (wenn man die Nummer kannte). Und wenn zu Hause etwas passiert ist und man dringend informiert werden musste? Dann riefen die Angehörigen beim Platzwart an und der teile die Nachricht netterweise den Campern mit.
Zudem erinnere ich noch gut, als auf einer Konfirmandenfreizeit eine Telefonzelle entdeckt wurde, die nach der ersten Einheit kein weiteres Geld wollte. Man kann sich nicht vorstellen, wie viele Gespräche an dem Abend und in der Nacht geführt wurden. Am zweiten Tag kamen dann aber schon die Telekom Techniker und haben sie repariert. Leider.
Anfang der 90er kam dann die große „Revolution“ bei den Telefonzellen: die Telefonkarten. Um das Kleingeld in den Telefonzellen nicht mehr entleeren zu müssen und sie unattraktiv für „Raubüberfälle“ zu machen, wurde deutschlandweit die Telefonkarte eingeführt. Auf dieser waren „Telefoneinheiten“ von 6DM, 12DM, 25DM und 50DM enthalten, welche dann abtelefoniert werden konnten. Und hierbei merkte man dann auch, dass die Telekom von der Post abstammte – denn ähnlich wie bei Briefmarken ging das große Sammeln von Telefonkarten los. Denn es gab diverse Sondermotive, welche sich bei Sammlern großer Beliebtheit erfreuten.
Und für mich leiteten dann Ender der 90er-Jahre die Telefonkarten auch das Ende der Telefonzellen ein. Während viele meiner Mitschüler damals bereits ein Mobiltelefon hatte, habe ich mich lange Zeit geweigert eines zu kaufen. Doch als ich in der Hamburger Innenstadt keine Telefonzelle mehr fand, bei der ich ohne Telefonkarte telefonieren konnte, habe ich mir Tage später ein Mobiltelefon gekauft.
Außer einer nostalgischen Träne wird den Telefonzellen wohl kaum einer hinterher trauen – zumindest so lange das Mobiltelefon keinen leeren Akku hat. Für mich sind Telefonzellen aber ein wunderschönes Beispiel, wie eine neue Technologie das Leben komplett verändern kann – selbst wenn „nur“ die Telefonzelle in die Tasche gesteckt werden kann. Vom Internet einmal ganz abgesehen.
Zu guter Letzt stellt sich natürlich die Frage, wie sich zukünftig Clark Kent in Superman verwandelt, wenn es keine Telefonzellen mehr gibt?
1 Kommentar
Die gelbe Telefonzelle mit den abgerundeten Dachkanten – eine der wichtigsten Erinnerungen meines Lebens.
Oktober 1989, ich lebte in der DDR in Halle (Saale) und hatte eine Besuchsreise in die Bundesrepublik zum 50. Geburtstag genehmigt bekommen. Mit der Absicht im Westen zu bleiben, saß ich im Zug. Nach einer intensiven Kontrolle an der Grenze fuhr der Zug wieder los. Ich sah mit Herzklopfen aus dem Fenster und sah vor einer Schrebergartenanlage eine solche Telefonzelle. Ich kannte sie aus dem Westfernsehen. Das war das Zeichen. Geschafft – ich bin im Westen!