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Uber und MyTaxi – Die Zukunft des Taxi Gewerbes?

von Steffen Zörnig
Taxen in New York

In Deutschland (und vermutlich überall in der Welt) zählt Taxifahren nicht zu den wirklich gut bezahlten Jobs. Viele Taxifahrer sind selbständige Unternehmer und froh, wenn sie am Ende des Monats 2.500€-3.000€ vor Steuern und Abzügen übrig haben. Um die Auslastung zu verbessern haben sich in Deutschland deshalb Taxizentralen gebildet. Diese vermitteln Taxifahrten über Telefonanfragen. Für diese Vermittlungen zahlen Taxifahrer monatlich zumeist mehrere hundert Euro – auch wenn sie z.B. wegen Urlaub nicht eine einzige Fahrt vermittelt bekommen haben.

Gerade wegen der hohen Gebühren wurde MyTaxi 2010 von vielen Fahrern jubelnd aufgenommen. Pro vermittelter Fahrt mussten sie bei MyTaxi einfach nur 0,79€ zahlen – wenn sie Werbung am Taxi angebracht haben, sogar noch weniger. Später kam noch ein prozentualer Anteil hinzu, wenn die Kunden über die MyTaxi App auch bezahlt haben. Für Kunden bot myTaxi viele Vorteile. Der nervige Anruf bei der Hotline entfällt bei MyTaxi auch die aktuelle Position wird durch das Smartphone gleich ermittelt. Zudem kann man sehen, wo der Fahrer bei der Anfahrt genau ist und wie lange er noch brauchen wird. Zudem sorgte eine Bewertung des Fahrers und des Autos von 1-5 Sterne für eine natürliche Selektion bei den Taxifahreren. Zumindest hat die Qualität der Taxifahrer seit dem Beginn von MyTaxi deutlich zugenommen und ich hatte in den letzten 12 Monaten keine Beanstandungen mehr.

Doch im Februar 2014 wurde diese Ruhe gestört, denn MyTaxi rechnet seitdem nicht mehr Pauschal ab, sondern prozentual. Dabei stellen die Fahrer selbst ein, ob sie 3-15% (es waren sogar bis 30% geplant) ihrer Fahrt an MyTaxi abführen möchten, wobei es keine zusätzlichen Gebühren mehr für das MyTaxi Payment gibt. Damit nicht alle Fahrer auf 1% stellen, wird seit Anfang des Monats jede Fahrt versteigert. Dabei zählen neben der Höhe der MyTaxi Gebühren auch der Weg zum Fahrgast, ob das Taxi MyTaxi Werbung hat und die Bewertungen des Fahrers bzw. Autos. Das Geschrei unter den MyTaxi Fahrern war gross und noch immer fliesst bei vielen böses Blut. Doch schaut man sich die Zahlen in den TaxiForen an, dann scheint sich (zumindest aktuell) bei der Anzahl der Fahrten, als auch bei den Gebühren, wenig geändert zu haben. Das kann natürlich auch daran liegen, dass es durch die Umstellung vielleicht deutlich weniger Taxen mit MyTaxi gibt. Für den Fahrgast bleibt zu hoffen, dass durch die Versteigerung nicht deutlich entferntere Taxen den Zuschlag bekommen und dadurch längere Wartezeiten entstehen.

Doch während sich bei uns viele Taxifahrer über die prozentualen Gebühren bei MyTaxi von bis zu 15% noch aufregen, sieht es in Amerika beim Dienst „Uber“ ganz anders aus. Hier berechnet der Dienst den Fahrern 20%. Dabei gibt sich Uber jedoch als Limousinenservice aus und umgeht so festgesetzte Preise für die Fahrgäste. Denn bei Uber zahlen nicht nur die Taxifahrer mehr, denn Uber nutzt auch die Not ihrer Kunden um Fahrpreise kurzfristig deutlich zu erhöhen. Wenn viele Fahrgäste ein Taxi brauchen und deutlich weniger Taxen bereitstehen, erhöht Uber die Preise (Surge Pricing). Das kann sogar 200 bis 700% vom normalen Preis bedeuten. So kostet eine $20 Fahrt beim Wintereinbruch in New York schonmal weit über $100. Die Fahrgäste werden vor der Fahrt natürlich darauf hingewiesen. Uber ist seit 2013 auch in Berlin und München verfügbar. Über die genauen Konditionen der Fahrer in Deutschland und ob es auch hier das Surge Pricing gibt – war leider nicht zu erfahren.

Das klingt auf den ersten Blick nach Wucher, aber die Preise werden hierbei durch Angebot und Nachfrage geregelt. Solange man Taxifahren nicht als ein allgemeines Gut betrachtet, ist dieses Marktprinzip ja keine ganz schlechte Sache. Und bei den aktuellen Preisen in Großstädten ist Taxifahren für viele sowieso nicht mehr bezahlbar. Es muss jedoch dabei sichergestellt werden, dass Arzt- und Krankenfahrten, die in Deutschland auch viele Taxen übernehmen, auch weiterhin bezahlbar gewährleistet werden.

Für Uber und andere Limousinenservices bietet sich nun durch Apps die Möglichkeit dem Taxigewerbe Kunden abzunehmen. Entscheidend wird dabei aber sein, ob sie den gehobenen Service (Fahrer im Anzug,…) beibehalten können und gleichzeitig konkurrenzfähige Preise machen und mehr Fahrten bedienen können. Dann dürften sie eine gute Chance haben Geschäftskunden mit meist teureren Fahrten zu gewinnen. Von der anderen Seite kommen für Taxifahrer aber auch gefährliche Konkurrenten. Denn mit „Drive Now“ und „Car2Go“ gibt es in vielen Großstädten attraktive Mietwagen, die an fast jeder Ecke stehen. Bei denen verzichtet man zwar auf den Fahrer – spart aber deutlich im Vergleich zum Taxi.

So dürfte es in den nächsten Jahren spannend sein, wie sich die Taxi Branche weiter entwickelt und anpassen muss – gerade auch in den unterschiedlichen Ländern und deren Regulierungswillen. Ob das Surge Pricing von „Uber“ fair oder unsozial ist, kann man sicherlich so einfach nicht beantworten. Aber ich weiss noch genau als vor einigen Monaten in Hamburg alle S-Bahnen nicht mehr fuhren und ich froh gewesen wäre zeitnah ein Taxi zu bekommen – auch wenn der Preis doppelt so hoch gewesen wäre. Wer mehr über „Uber“ und dem „Surge Pricing“ erfahren möchte, sollte bei der entsprechenden Planet Money Folge reinhören. Und wer sich die Gedanken von einem Taxifahrer zur MyTaxi Preiserhöhung anschauen will, findet einen guten Bericht bei „Gestern nacht im Taxi„.

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